Kompetenz erzeugt Widerwillen

Ein suboptimaler Verantwortlicher ermöglicht es seinen Gefolgsleuten, ihre Individualität zu bewahren und eigene Meinungen zu entwickeln, indem er ihnen Raum gibt, sich von ihm zu unterscheiden und ihre Persönlichkeit zu entfalten.

Plädoyer für die Lüge

Lügen sind in demokratischen Gemeinschaften unvermeidlich und ermöglichen durch die Akzeptanz menschlicher Unvollkommenheiten tiefere Verbindungen und ein lebendiges soziales Miteinander, das nicht allein auf Fakten und Vernunft beruht.

Joan Copjec LIES MEIN BEGEHREN

Joan Copjecs Buch “Lies mein Begehren: Lacan gegen die Historisten” untersucht tiefere, unbewusste Kräfte, die unser Erleben und Handeln prägen, und kritisiert die Beschränkung der traditionellen Ideologiekritik auf sichtbare Machtverhältnisse. Sie argumentiert, dass Geschlecht nicht nur kulturell konstruiert, sondern auch tief in unserem Unbewussten verwurzelt ist und dass diese unbewussten Dimensionen grundlegende, nicht manipulierbare Aspekte der menschlichen Existenz darstellen. Copjec fordert dazu auf, über die sichtbaren Strukturen hinauszugehen und die tiefer liegenden, unaussprechlichen Kräfte anzuerkennen, die unsere Subjektivität und unser Begehren bestimmen.

Das Kolloquium der beiden Hunde

Ich stelle fest, dass ich, obwohl ich ein Tier bin, nur ein paar Mal den Mund öffnen muss und schon kommen die Worte bösartig und verleumderisch heraus. Darum wiederhole ich: Wir erben unsere schlechten Worte und Taten von unseren Vorfahren, sie sind in unserer Muttermilch. Man sieht es bei Kindern, die kaum aus den Windeln…

Femme Fatale

Joan Copjec stellt in “Lies mein Begehren” fest, dass die Femme fatale im Film Noir als Hülle dient, in die die männliche Hauptfigur ihr destruktives Treiben auslagert, was darauf hinweist, dass der Todestrieb stärker ist als die Vernunft und, wenn keine filmische Darstellung vorhanden ist, sich in der Realität manifestieren könnte.

Der Unterschied zwischen Gattung und Geschlecht

Judith Butler ist kürzlich wieder in die Schlagzeilen geraten, diesmal wegen ihrer Kritik an Israel als Jüdin. Hat mich aber auch daran erinnert, dass sie die Begründerin der Gender-Theorie ist. Und an die Kritik, die sie damals von Joan Copjec in deren Buch “Lies mein Begehren” erhielt, das Butlers Vorstoß zerpflückte. Copjec weist nach, dass…

Die Frau existiert nicht … III

… so lautet der notorische und auf den ersten Blick skandalöse Satz von Lacan. Leicht missverständlich, denn er bedeutet eigentlich: Menschen, die nicht existieren, sind – unabhängig von ihren reproduktiven Eigenschaften – Frauen. Immer noch verwirrend, denn wie können Menschen nicht existieren? Mit der Definition über ein Merkmal, meint Lacan bzw. die Logik, auf die…

Ruth Herschberger ADAM’S RIB

Ruth Herschberger, geboren 1917 in Philipse Manor, New York, gestorben am 14. Oktober 2014, war eine amerikanische Schriftstellerin.

Herschberger wuchs in Chicago auf und studierte an der University of Chicago und am Black Mountain College. Sie war Feministin zu einer Zeit, als es noch keine aktive Frauenbewegung gab. Ihre Gedichte wurden in Fachzeitschriften und Anthologien veröffentlicht. Sie veröffentlichte zwei Gedichtbände, A Way of Happening (1948) und Nature & Love Poems (1969), sowie das Prosabuch Adam’s Rib (1948), ein Protest gegen Geschlechterstereotypen. Außerdem verfasste sie preisgekrönte Übersetzungen von Wladimir Majakowski. Zu ihren Auszeichnungen gehören der Hopwood Award for Poetry, der Midland Authors Award for Poetry und der Harriet Monroe Memorial Prize.

Liebe und Scham

In Platons Symposion präsentiert Aristophanes, einer der anwesenden Gäste, als Komödiendichter eine humorvolle, aber extrem einflussreiche Rede über die Natur der menschlichen Liebe. Er erzählt eine Schöpfungsgeschichte, in der die ursprünglichen Menschen vier Arme, vier Beine und zwei Gesichter hatten. Diese Wesen waren sehr mächtig und stellten eine Bedrohung für die Götter dar.   Aus…

René Girard vs. Psychoanalyse

Sowohl Sigmund Freud als auch René Girard bieten tiefgreifende, aber deutlich unterschiedliche Theorien über die Natur des menschlichen Begehrens an, wobei Freud das Begehren auf familiäre Beziehungen und frühe Kindheitserfahrungen konzentriert, während Girard ein Modell des mimetischen Begehrens und der Sündenbocktheorie vorschlägt, wobei beide Ansätze ihre eigenen Kritikpunkte und potentiellen Begrenzungen aufweisen.

Ursache des Denkens ist der Hass auf Geschwister …

Der Wissensdrang der Kinder erwacht … überhaupt nicht spontan, etwa infolge eines eingeborenen Kausalitätsbedürfnisses, sondern unter dem Stachel der sie beherrschenden eigensüchtigen Triebe, wenn sie – etwa nach Vollendung des zweiten Lebensjahres – von der Ankunft eines neuen Kindes betroffen werden. Diejenigen Kinder, deren Kinderstube nicht im Hause selbst eine solche Einquartierung empfängt, sind dann…

Trieb | Begehren

Die Verwechslung dieser beiden sehr unterschiedlichen klinischen und begrifflichen Kategorien rührt daher, dass sie uns beide auf außergewöhnliche Weise “antreiben”: Die Befriedigung, die sie anstreben, entspricht nicht der Befriedigung unserer organischen oder biologischen Bedürfnisse. Aber darüber hinaus sind sie sehr unterschiedlich. Wir begehren, was wir nicht bekommen haben, nachdem unsere Wünsche erfüllt wurden – das…

Plotten und zersetzen

KI-generierte Texte stellen keine Gefahr für das fiktionale Schreiben dar, da dieses – letztlich – auf den Durchbruch des Unbewussten (Überraschung, Sex, Epiphanie, nenn’s, wie du sonst noch möchtest) aus ist. In einer guten fiktionalen Geschichte wird eine Maske heruntergerissen, um einen zu ergötzen mit dem, was sich darunter befindet. Das nicht anders zu erreichen…

Die 13. Fee

Mich interessiert auch, woher der rhetorische Elan und die Neigung zur radiklaen Gleichberechtigung, kombiniert mit der Auflösung der Geschlechter des Wokismus kommt. Einen Schlüssel könnte die Weltanschauung der Psychoanalyse liefern. Diese würde ich, wie folgt, zusammenfassen: Es gibt eine Grundsubstanz oder Energie, aus welcher sich der Kosmos, schließlich das organische Leben bildet. Diese wird im…

Die Frau existiert nicht … II

… einer dieser reizenden Gedanken von Lacan, der erst fruchtbar wird, wenn wir uns unerschrocken auf ihn einlassen. Dann wird nämlich klar, dass „Frau“ und „Mann“ nicht körperlich, sondern als Einstellung zu der Rolle gemeint sind, die uns das Leben auferlegt. Nach solcher Auffassung kommen wir nicht umhin, irgendeine Rolle zu spielen, einen Text zu…

Vom Wesen des Sexes

Die Psychoanalyse hat sich nicht auf die Sexualität gestürzt, sie ans Licht gezerrt und dann versucht, mehr oder weniger alles mit ihr zu erklären. Dies würde voraussetzen, dass Sexualität ein klar abgegrenzter (wenn auch schamhaft verschleierter) Bereich der menschlichen Natur ist, an sich unverfänglich und problematisch nur in ihrer Beziehung zu anderen menschlichen Formaten, insbesondere…

Scham

Wann schämen wir uns eigentlich? Ein schockierendes Beispiel liefert die portugiesische Pianistin Maria Joao Pires. Sie merkt in dem Clip, auf den ich hier zeige, dass sie für das Mittagskonzerts in Amsterdam das falsche Mozart-Konzert einstudiert hat. Es gelingt ihr zwar, die Situation zu retten, aber für einen Moment tut sich ein Abgrund auf. Dieser…

Männerfreundschaften …

… beruhen auf zwei wunden Punkten. Männer vertrauen einander nur, wenn sie den wunden Punkt des anderen kennen. Ihre Freundschaft besteht dann darin, diesen vor anderen – besonders vor Frauen – zu verleugnen. Männerfreunde helfen sich bei der Simulation der Überlegenheit des anderen. Genau aus diesem Grund ist sein Schwachpunkt die Voraussetzung. Erst wer diesen…

Der Detektiv ist eine Frau

Gender bezeichnet eine Rolle, die wir zufällig spielen, Geschlecht dagegen die Art und Weise, wie wir uns vergnügen – es gibt nur zwei: die schweinische und die durchtriebene. Die beiden ergänzen sich nicht, sondern schließen einander aus. Schweinische klingt “männlich”, durchtrieben “weiblich”. Es gibt aber, das macht die Sache komplizierter, “schweinische” Frauen und “durchtriebene” Männer….