Nicolas Gomez Davila

Aus der Trivialität der Existenz können wir nicht durch die Türen entkommen, sondern über die Dächer. Ersetzen wir all die Definitionen der “Menschenwürde”, die lediglich ekstatische Stoßgebete sind, durch eine einfache und schlichte: alles langsam tun. Die Idee der “freien Entfaltung der Persönlichkeit” scheint ausgezeichnet, solange man nicht auf Individuen stößt, deren Persönlichkeit sich frei…

Philosophie als Funktion der Lebensform

Daß die einzelnen philosophischen Begriffe nichts Beliebiges, nichts Für-sich-Wachsendes sind, sondern in Beziehung und Verwandtschaft zueinander emporwachsen, daß sie, so plötzlich und willkürlich sie auch in der Geschichte des Denkens anscheinend heraustreten, doch ebensogut einem Systeme angehören als die sämtlichen Glieder der Fauna eines Erdteils: das verrät sich zuletzt noch darin, wie sicher die verschiedensten…

Truth emerges more readily from error than from confusion. – Francis Bacon

…die Priesterinnen zu Dodona haben im Wahnsinn vieles Gutes in privaten und öffentlichen Angelegenheiten unserer Hellas zugewendet, bei Verstande aber Kümmerliches oder gar nichts. – Sokrates im Phaidros No supposition seems to me more natural than that there is no process in the brain correlated with associating or with thinking; so that it would be…

Subjektivität . . .

. . . kommt nämlich von subiugare: unterjochen. Als Subjekt bin ich vergattert, und subjektiv bedeutet: eingespannt. Zu meiner persönlichen Meinung bin ich gekommen, ihr angemessen.

Blondels Haupt-Gedanke

Mir scheint, dass das proton pseudos [der fundamentale Betrug] sowohl der dogmatischen Metaphysik als auch des kritischen Idelismus wie der spinozischen und hegelschen Ethik darin lag, entweder die gekannte Wahrheit oder die formelle Intention als hinreichende Lösung für das Problem des Lebens zu betrachten, ohne dem Leben selbst das vorzubehalten, was es an nicht-mitteilbarer Belehrung…

Wenn der Künstler in einem auflebt . . .

. . . wird man, egal auf welchem Gebiet, zu einem erfinderischen, erpichten, kühnen, sich selbst ausdrückenden Wesen. Man wird interessant in den Augen der anderen. Man stört, erregt, erleuchtet und öffnen Weisen zum besseren Verständnis. Wo die Nichkünstler das Buch zuschlagen, öffnet der Künstler es und zeigt, dass es mehr Seiten zu entdecken gibt….

Warum Ideologie (notwendig falsches Bewußtsein) der Anschauung von Raum und Zeit entspringt

Gottfried Wilhem Leibnitz: „Nicht nur geschieht nichts in der Welt, das absolut irregulär wäre, sondern man könnte sich etwas derartiges gar nicht vortäuschen. Denn nehmen wir an, zum Beispiel, dass jemand ganz zufällig eine Menge Punkte aufs Papier aufbringt, wie sie es tun, die die lächerliche Kunst der Geomantrik praktizieren, so sage ich, dass es…

Vom Neid

Gier ist die Triebfeder der Kapitalismus, Neid jene des Sozialismus. Hinter jeder Revolution steckt Neid, die unschöne Anhäufung enttäuschter Hoffnungen, unbefriedigten Talents, von Misserfolgen und verwundeten Bestrebungen. Neid hängt eng zusammen mit Vornehmtuerei, blüht auf in Schadenfreude. Demokratische Einrichtungen entwickeln den Neid am erfolgreichsten im menschlichen Herzen. 

Vom Sinn der Sakramente

Nach Maurice Blondels Hauptthese bringt das Handeln das Denken hervor, nicht umgekehrt. Wir können durch Denken nie so weit kommen, wie durch Tun: Um zu wissen, woran man sich zu halten hat, muss man trotzdem vorwärts gehen.   Blondel untersucht weiter, wieso die Menschen zuerst handeln – nämlich aus einer Unruhe des Herzen: um etwas…

Über das Wesen der Liebe

So enthüllt sich eine Art von Wechselseitigkeit oder sozusagen Einheit zwischen der echten Liebe und dem aktiven Leiden. Denn wenn uns nicht der Schmerz erzieht, gelangen wir nicht zur selbstlosen und mutigen Tat. Die Liebe wirkt auf die Seele wie der Tod auf den Leib: Sie versetzt den Liebenden in das Geliebte und das Geliebte…

Gedanken hängen nicht vom Gehirn ab

Keine Annahme scheint mir natürlicher, als daß dem Assoziieren oder Denken kein Prozeß im Gehirn zugeordnet ist; so zwar, daß es also unmöglich wäre, aus Gehirnprozessen Denkprozesse abzulesen. Ich meine das so: Wenn ich rede oder schreibe, so geht, nehme ich an, ein meinem gesprochenen oder geschriebenen Gedanken zugeordnetes System von Impulsen von meinem Gehirn…

Vom Tun

Es ist ganz klar, dass wir als Menschen handeln, ununterbrochen. Selbst wenn wir uns passiv wähnen, tut sich doch etwas – hat es für uns Folgen. Wenn ich etwas absichtlich tue, kommt nur ungefähr dabei heraus, was ich mir vorstellte. Keine Praxis ist so genau wie das Denken. Ich kann deswegen nicht aufgrund rein von…

Wie heute alles eine Frage der Macht ist

Ich bin noch sehr katholisch erzogen worden von meiner Großmutter, die selber, weil sie die Beichte fürchtete, nie in die Kirche ging, so wenig wie sonst irgendjemand in meiner Familie. Ich dagegen wurde, nicht zuletzt aus Preisgründen, fast 10 Jahre auf ein katholisches Internat gesteckt und war als Teenager jeden morgen in der Messe. Die…

Walter Benjamins Begriff der Geschichte

Es gibt ein Bild von Klee, das Angelus Novus heißt. Ein Engel ist darauf dargestellt, der aussieht, als wäre er im Begriff, sich von etwas zu entfernen, worauf er starrt. Seine Augen sind aufgerissen, sein Mund steht offen und seine Flügel sind ausgespannt. Der Engel der Geschichte muß so aussehen. Er hat das Antlitz der…

BENJAMINS SPRACHBEGRIFF stellt eigentlich die gesamte seitherige Sprachphilosophie heraus als Verirrung.

Benjamin möchte wohl sagen, dass die Sprache sich zur Welt eher wie ein Teil zum Ganzen verhält, daher nicht dessen Spiegel sein kann (nichts reflektiert). Wenn ich etwas sage, besteht dessen Witz nicht darin, dass etwas weiter geschieht oder erhellt; Sprechen wird bedeutend nicht durch etwas, für das es ein-, sondern mit dem es zusammensteht….

Wittgensteins Utopie

Man kann einen alten Stil gleichsam in einer neuen Sprache wiedergeben; ihn sozusagen neuaufführen in einer Weise, die unserer Zeit gemäß ist. Man ist dann eigentlich nur reproduktiv. Das habe ich beim Bauen getan. – Was ich meine, ist aber nicht ein neues Zurechstutzen eines alten Stils. Man nimmt nicht die alten Formen & richtet…

Fiat-Geld als Begriff schlechthin

Die Börsen sausen mal talwärts in atemberaubendem Tempo. Wer immer dort investiert ist, verliert sein Vermögen. Auch der Preis des angeblichen Rettungsankers Gold wird mit in die Tiefe gerissen. Bei gleizeitig explodierender physischer Nachfrage und Engpässen bei Prägeanstalten und Edelmetallhändlern. Man kann Gold also nirgends kaufen, gleichzeitig aber fällt der Preis – unentwegt. Wie ist…

R|EVOLUTION DURCH VIREN

Unser heutiger Leib wurde, befragt man den Fachverstand der Virologen, sachte zur Quelle menschlichen Bewußtseins durch den ständigen Einfluss | Einbau von Viren und entwicklet sich kraft ihrer immer noch weiter – in unvorstellbare Dimensionen (Deleuze lässt grüßen). Selbst der Aids-Virus wird solcherart eingemeindet mit der Zeit und Bestandteil einer unerhörten Zusammenstellung, die sich mit…

Goethes Facebook

“Sollte es nicht möglich sein, daß eine ein für allemal gebetene Gesellschaft, sich täglich, bald in größerer, bald in kleinerer Zahl, in meinem Hause zusammen fände? Jeder käme und bliebe nach Belieben, könnte nach Herzenslust Gäste mitbringen. Die Zimmer sollten von sieben Uhr an immer geöffnet, erleuchtet, Thee und Zubehör reichlich bereit sein. Man triebe…

Der Irrtum der Emanzipation

Wenn ich die Treppe hinunterfalle, ist das etwas anderes, als wenn ich sie hinuntergehe. Im zweiten Fall lebt mein Wille, ist’s eine Tat, nicht nur Geschehen. Was unterscheidet eine Tat von Geschehen? Dass Tuen, denke ich, immer auch unterbleiben könnte. Wenn ich handele, mache ich etwas, das missglücken oder aussetzen kann – das ich mich…