James JoycesUlysses* ist wie eine moderne Bibel, weil der Roman durch schonungslose Selbsterkenntnis und die literarische Verarbeitung biografischer Peinlichkeiten einen spirituellen Raum schafft, in dem Leser wie Autor auf radikale, ungeschönte Weise zu sich selbst finden können.
Kategorie: Philosophie
Walter Benjamin
Der destruktive Geist ist heiter und fröhlich. Seine einzige Bestimmung ist es, Platz zu schaffen.
Die Frau existiert nicht … IV
Freuds Metaphysik zerfällt schließlich in die beiden Urkräfte: den schöpferischen Strom des Lebens und die auflösende Welle des Todes. Der eine formt, ordnet, errichtet Mauern aus Kultur und Hierarchie, während der andere ebnet, berauscht und das Verkrustete ins Meer der Möglichkeiten spült. „Man könnte sich vorstellen, daß gewisse Sätze von der Form der Erfahrungssätze erstarrt…
Vico & Joyce
Basierend auf Giambattista Vicos zyklisch-donnerndem Geschichtskonzept, das Joyce so sehr inspirierte, dass er seine eigene Donnerfurcht damit verband, entwickelt Joyce in seinen Werken keinen linearen Handlungsablauf, sondern verflicht zahlreiche Erzählebenen und grundlegende Lebensthemen wie Mann und Frau, Geburt und Tod, Kindheit und Glauben, Nacht und Schlaf, indem „Zeit“, „Fluss“ und „Berg“ selbst zu Hauptfiguren werden und alles in einer einzigen schöpferischen Absicht aufgeht, ähnlich wie bei Laurence Sterne in *Tristram Shandy*.
Demokratie
Demokratie und Wissenschaft folgen einem ähnlichen Prinzip: Beide erfordern Reflexion, Dialog und Kritikfähigkeit, um Entscheidungen zu treffen, Fehler zu korrigieren und durch sorgfältigen, rationalen Diskurs Freiheit und Gerechtigkeit zu wahren.
Wilhelm von Humboldts Dunkelträume
In seinem Tagebuch für die Zeit vom 18.-23. Juli 1789 beschreibt er den Anblick einer Frau bei der Überquerung des Rheins …
Wissenschaftszweifel und Fundamentalskepsis
Der Unterschied zwischen Glauben und Wissen liegt darin, dass Wissen volatil, prinzipiell anzweifelbar ist und auf Wahrscheinlichkeiten basiert, während Glauben absolut ist, Zweifel ausschließt und damit unwissenschaftlich bleibt – was eine Fundamentalskepsis als unplausibel entlarvt.
Kompetenz erzeugt Widerwillen
Ein suboptimaler Verantwortlicher ermöglicht es seinen Gefolgsleuten, ihre Individualität zu bewahren und eigene Meinungen zu entwickeln, indem er ihnen Raum gibt, sich von ihm zu unterscheiden und ihre Persönlichkeit zu entfalten.
Kritik an Deleuze und Guattaris Theorie des Begehrens: Die Grenzen der reinen Positivität
Deleuze und Guattaris Theorie des Begehrens als rein produktive Kraft vernachlässigt die fundamentale Rolle von Mangel, Negation und sozialen Einschränkungen im menschlichen Leben.
Plädoyer für die Lüge
Lügen sind in demokratischen Gemeinschaften unvermeidlich und ermöglichen durch die Akzeptanz menschlicher Unvollkommenheiten tiefere Verbindungen und ein lebendiges soziales Miteinander, das nicht allein auf Fakten und Vernunft beruht.
Verstehen heißt töten
Hegel beschreibt den Prozess des Denkens als eine machtvolle Fähigkeit, Vorstellungen zu zerlegen und dem Negativen ins Auge zu sehen, wodurch der Geist seine wahre Kraft und Erkenntnis gewinnt, indem er Trennung und sogar den ‘Tod’ von Ideen nicht scheut, sondern als notwendigen Teil des Verstehens und der Wahrheitsfindung akzeptiert.
Schopenhauer über die Liebe
Denn alle Verliebtheit, wie ätherisch sie sich auch gebärden mag, wurzelt allein im Geschlechtstriebe, ja, ist durchaus nur ein näher bestimmter, spezialisierter, wohl gar im strengsten Sinn individualisierter Geschlechtstrieb. Wenn man nun, dieses festhaltend, die wichtige Rolle betrachtet, welche die Geschlechtsliebe in allen ihren Abstufungen und Nuancen, nicht bloß in Schauspielen und Romanen, sondern auch…
Joan Copjec LIES MEIN BEGEHREN
Joan Copjecs Buch “Lies mein Begehren: Lacan gegen die Historisten” untersucht tiefere, unbewusste Kräfte, die unser Erleben und Handeln prägen, und kritisiert die Beschränkung der traditionellen Ideologiekritik auf sichtbare Machtverhältnisse. Sie argumentiert, dass Geschlecht nicht nur kulturell konstruiert, sondern auch tief in unserem Unbewussten verwurzelt ist und dass diese unbewussten Dimensionen grundlegende, nicht manipulierbare Aspekte der menschlichen Existenz darstellen. Copjec fordert dazu auf, über die sichtbaren Strukturen hinauszugehen und die tiefer liegenden, unaussprechlichen Kräfte anzuerkennen, die unsere Subjektivität und unser Begehren bestimmen.
Das Kolloquium der beiden Hunde
Ich stelle fest, dass ich, obwohl ich ein Tier bin, nur ein paar Mal den Mund öffnen muss und schon kommen die Worte bösartig und verleumderisch heraus. Darum wiederhole ich: Wir erben unsere schlechten Worte und Taten von unseren Vorfahren, sie sind in unserer Muttermilch. Man sieht es bei Kindern, die kaum aus den Windeln…
Wer auf Respekt pocht, kann kein Dichter sein
John Keats sieht den Dichter als ein wandelbares Medium ohne feste Identität, das verschiedene Erfahrungen und Perspektiven verkörpert, wodurch er in der LGBTQIA+-Formel im “+” aufgeht, da keine der spezifischen Kategorien seinen Kern ausmacht.
Über die Weiber
Schopenhauer vertritt die Ansicht, dass Frauen aufgrund ihrer begrenzten Vernunft und ihrer natürlichen List weniger gerecht und ehrlicher als Männer sind, aber gleichzeitig pragmatischer, mitfühlender und menschenfreundlicher handeln.
Inwieweit Meinungen keine Privatsache sind
Jeder kennt die Diskussionssituation, die etwa so endet: „Das ist Deine Meinung – dagegen habe ich meine Meinung. Und das ist gut so, wir leben schließlich in einer Demokratie. Ich würde alles dafür tun, dass Du Deine Meinung äußern kannst, auch wenn ich sie nicht teile.“ Es wird vielleicht Zeit, dass wir hierin die ultimative…
Femme Fatale
Joan Copjec stellt in “Lies mein Begehren” fest, dass die Femme fatale im Film Noir als Hülle dient, in die die männliche Hauptfigur ihr destruktives Treiben auslagert, was darauf hinweist, dass der Todestrieb stärker ist als die Vernunft und, wenn keine filmische Darstellung vorhanden ist, sich in der Realität manifestieren könnte.
Der Unterschied zwischen Gattung und Geschlecht
Judith Butler ist kürzlich wieder in die Schlagzeilen geraten, diesmal wegen ihrer Kritik an Israel als Jüdin. Hat mich aber auch daran erinnert, dass sie die Begründerin der Gender-Theorie ist. Und an die Kritik, die sie damals von Joan Copjec in deren Buch “Lies mein Begehren” erhielt, das Butlers Vorstoß zerpflückte. Copjec weist nach, dass…
Die Frau existiert nicht … III
… so lautet der notorische und auf den ersten Blick skandalöse Satz von Lacan. Leicht missverständlich, denn er bedeutet eigentlich: Menschen, die nicht existieren, sind – unabhängig von ihren reproduktiven Eigenschaften – Frauen. Immer noch verwirrend, denn wie können Menschen nicht existieren? Mit der Definition über ein Merkmal, meint Lacan bzw. die Logik, auf die…