Die Frau existiert nicht … III

… so lautet der notorische und auf den ersten Blick skandalöse Satz von Lacan. Leicht missverständlich, denn er bedeutet eigentlich: Menschen, die nicht existieren, sind – unabhängig von ihren reproduktiven Eigenschaften – Frauen. Immer noch verwirrend, denn wie können Menschen nicht existieren? Mit der Definition über ein Merkmal, meint Lacan bzw. die Logik, auf die er sich stützt, das keine Ausnahmen zulässt. Könnte zum Beispiel die Länge sein. Wenn ich sage, dass alle Dinge eine Länge haben, dann grenzt das nichts ein oder aus. Unter dem Gesichtspunkt der Länge gibt es keine Dinge (im Vergleich zu Nicht-Dingen). Statt von der Länge spricht Lacan in seiner kryptischen Formel von der „phallischen Funktion“ (dargestellt durch die große griechische Letter Phi), die im Großen und Ganzen Abrichtung meint: unsere erlernte Einstellung zu den herrschenden Verhältnissen. Und „Frau“ nennt Lacan in puncto jene Gruppe von Menschen, die sich niemanden vorstellen kann, der da keine blauen Flecken davongetragen hätte — „Mann“ sind hingegen solche, die glauben, es gäb’ eine Ausnahme oder Person, die ungestraft mit etwas davonkommt, was uns übrigen verwehrt ist. Auf diese Weise wird die Gruppe eingegrenzt, “Männer”, und ihre Mitglieder beginnen zu existieren infolgedessen. “Frau” ist man dagegen ausnahms-, daher grenzenlos oder unbestimmt: weil es niemanden gibt, der ausgeschlossen wäre, womit die identitätsstiftende Differenz auch für den Einschluss abgeht. Was diese witzige Überlegung fast unverständlich macht, ist die übliche Identifizierung von Männern oder Frauen über ihre reproduktiven Eigenschaften und nicht ihre Einstellung. Was Lacan aber mit „Frau“ oder „Mann“ meint, ist eine fixe Idee in Bezug auf Exklusivität: ob sie einen bannt (Mann) oder nicht (Frau). (Ein typischer Mann wäre z. B. K. in Kafkas Romanen.)
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