Die Queer-Theorie ist vor allem der Ansicht, dass wir das Geschlecht dekonstruieren können. Alles nur Mache! “Die Koexistenz oder Überschneidung diskursiver Anweisungen”, schreibt Judith Butler in Das Unbehagen der Geschlechter, “bringt die Möglichkeit einer komplexen Rekonfiguration und Wiedereinsetzung hervor.” Der Alltag kann mit anderen Worten durcheinander geraten oder gewirbelt werden und findet sich wieder in unvorhersehbaren neuen Rollen und Gewohnheiten, die insbesondere auch das Geschlecht aufmischen und umstellen (“innerhalb der Praktiken repetitiven Bedeutens”, fügt die Autorin noch hinzu, um nicht als Voluntaristin zu gelten). Butler beschreibt als Folge der Unterbrechung des Alltags eine Sinnorgie zusammenprallender Bewandtnisse sowie Aufspreizung von Möglichkeiten, schweigt sich aber aus über die Ursache solcher Wirkung. Was kann den Alltag bloß dermaßen unterbrechen? Die Queer-Theorie weiß darauf keine Antwort – außer, dass es keinesfalls das Geschlecht sein soll. Dieses gehöre viel mehr zur Diversität der Bedeutungen, welche dem entgegenzuwirken versuchen, was der Umsturz aufscheuchte. Geschlecht gibt mit anderen Worten nach – in jede Rolle, die das Alltagsdiktat ihm neuerdings vorsieht. Damit macht die Queer-Theorie es zur Funktion der herrschenden Regel. Freiheit und Handlungsmöglichkeit wären mit solchen Schema nicht zu begreifen.
Taubheit gegenüber der Melodie der Triebe
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