Nach Maurice Blondels Hauptthese bringt das Handeln das Denken hervor, nicht umgekehrt. Wir können durch Denken nie so weit kommen, wie durch Tun: Um zu wissen, woran man sich zu halten hat, muss man trotzdem vorwärts gehen.
Blondel untersucht weiter, wieso die Menschen zuerst handeln – nämlich aus einer Unruhe des Herzen: um etwas im Leben herbeizuführen, das sie trotzdem stets verfehlen. Die Welt wird nie so, wie sie sein sollte; es bleibt immer etwas zu wünschen übrig.
Denn worauf der Mensch mit seinem Tun lebenslang hinaus will, ist nach Blondel die Vereinigung mit etwas Übernatürlichem. Unmöglich zu erreichen mit weltlichen Mitteln.
Erfüllt wird diese Sehnsucht nicht durch irgendwelche Be- oder Erkenntnisse. Diese gleichen zu sehr den Rechtfertigungen des Denkens, sind also nichts Ursprüngliches. Es müssen Handlungen sein, welche das Übernatürliche, das alleine den Tatendrang des Menschen befriedigen kann, tatsächlich machen.
Damit erreicht Blondel das Ende seine Philosophie: indem er übernatürliche Handlungen postuliert, die allein Erlösung versprechen.
Da Blondel beflissener Katholik war, darf man nach solchen Handlungen, die nichts Philosophisches mehr hätten, wohl in der Religion suchen. Mir fallen als erstes dazu die Sakramente ein: Taufe, Firmung, Ehe, Beichte, letzte Ölung usf. Das sind keine Ansichtssachen, es muss in ihrem Fall nicht so sehr gelaubt, sondern in erster Linie etwas getan werden, damit das Übernatürliche endlich erscheint.
Freilich, die Sakramente sind außer Mode gekommen, trotzdem habe ich nie beobachtet, dass sie jemand durchstreichen würde oder sich über sie lustig gemacht hätte. Man versucht höchstens, ihnen etwas abzukaufen, etwa durch säkularisierte Formen der Hochzeit oder Beichte. Kaum jemand würde die letzte Ölung als Affentheater apostrophieren.
So ist die Pointe von Blondels Philosophie inspirierend: dass wir unser Leben lang gespannt und angewiesen sind auf Handlungen, die uns mit etwas Unendlichem vereinen, das in uns schlummert und erlöst werden will. Und dass diese Erlösung nur durch Handlungen geht, ein bestimmtes, fremdartiges Tun, dessen Quelle nicht wir selbst sein können, wenn es unser Herz endgültig beruhigen soll.