Christlicher Glaube bedeutet nach dem heiligen Paulus vor allem nicht die Vertiefung des menschenmöglichen Seins, Tuns oder Erkennens. Dasselbe stirbt vielmehr durch Christus am Kreuz. Die Auferstehung danach bedeutet kein Wiedererstarken, sondern Anderswerden; die Vergebung der Sünden verzeiht nichts, sondern sieht vollkommen ab von solcher Möglichkeit des Scheiterns; das Reich Gottes verwirklicht keine politischen Hoffnungen, sondern unterlässt das Hoffen (storniert jede Hoffnung ermöglichende Ordnung).
Der Ungläubige dagegen vermag nicht von den akuten Machtverhältnissen zu lassen und ihren tollen Möglichkeiten – aus Furcht, anderenfalls sein Ich zu verlieren. Unglaube besteht immer im Festhalten an den Möglichkeiten des Ichs.
Ungläubige sind entweder Nihilisten oder Traumtänzer.
Der Nihilist ist wissbegierig, kennt sich unerbittlich aus und weiß immer, was Sache ist oder sein könnte. Christi Tod deutet er als Tragödie, nicht als Riss oder Aufhebung der Ordnung aller Dinge. Letztere lebt vielmehr weiter im Zorn des Nihilismus als vermisste Größe. Noch der Selbstmörder oder sein Schatten, der Extremsportler, lehnen sich auf gegen die durch den Kreuztod zugemutete Entwerdung des Ichs. So die Trinker, Magersüchtigen und Kriminellen aus Leidenschaft, die alle getrieben sind vom Skeptizismus, der Verzweiflung über die Wackeligkeit von etwas, dessen Einsturz sie befreien würde.
Der Traumtänzer bezweifelt dagegen nicht wie der Skeptiker notwendigerweise Gott, bleibt aber ungläubig infolge seiner Abwendung von Tode am Kreuz. Er verharrt, indem er sich alles erhabener ausdenkt, bei den Dingen der Welt im Machtbereich seines vorstellenden Ichs. Jeder ist nach ihm seines Glückes Schmied. Alles kann wahr werden, wenn man sich nur genügend Mühe gibt. Gute Absichten haben immer positive Folgen.
Die meisten Menschen wissen, dass sie sterben werden, glauben es aber nicht. Der Nihilist pfeift trotzig dagegen an im Dunkeln – der Traumtänzer sieht lieber darüber hinweg in Richtung Auferstehung. Vom Verwinden der Last aber durch Kreuzigung des Ichs in Jesus Christus wollen beide nichts wissen.
Der gläubige Christ dagegen möchte aus der Aktualisierung seines Todestriebes keinen Honig zu ziehen, empfängt durch die Kreuzigung weder Vorteil noch Erleuchtung, sondern die Befreiung von allem, an dem er gehangen und das ihn beschwert hatte. Er lässt ab von Macht und Bedeutung, ohne zu verzweifeln oder die Zwiespältigkeiten des Alltags zu übertönen mit vorgestellten Harmonien. In unvernünftiger Zuversicht erlebt er die fabel-fehlerhafte Wirklichkeit neu nach der Aufgabe jeglicher Allmacht am Kreuz.