Die meisten Leugner fundierter Erkenntnisse und Methoden verstehen den Unterschied zwischen Wissen und Glauben nicht. Um nachzuvollziehen, wie sich die beiden unterscheiden, könnten wir mit Freuds Bonmot beginnen: Wir wissen zwar, dass wir sterben werden, glauben es aber nicht. Der Glaube kommt also immer hinterher – er reagiert auf Wissen, indem er es abwehrt.
Ein gutes Beispiel dafür ist der Glaube an den Weihnachtsmann. Dieser beginnt für uns nicht als bloße Ansicht, sondern als Wissen. Wir vermuten nicht, dass es einen Weihnachtsmann gibt, sondern lernen und begreifen ihn zunächst als Tatsache. Zum Glauben kommt es erst, wenn dieses Wissen brüchig wird – nämlich mit der Erkenntnis, dass es den Weihnachtsmann nicht gibt. Trotzdem halten wir als Kinder oft an der Vorstellung fest, weil sie uns Vorteile bringt. Glauben ist so eine Abwehrreaktion auf das Schmelzen von Fakten. Er macht Hohlformen hieb- und stichfest.
Wissen unterscheidet sich vom Glauben dadurch, dass es unberechenbar bleibt. Wissen ist niemals abgeschlossen und kann jederzeit durch neue Erkenntnisse ergänzt oder widerlegt werden. Wissenschaftliche Erkenntnisse sind deshalb immer prinzipiell anzweifelbar – nur so können weitere Entdeckungen gelingen. Jeder wissenschaftliche Satz fordert mindestens einen Wissenschaftler heraus, das Gegenteil zu beweisen. Andernfalls hätten wir es nicht mit Wissen, sondern mit Glauben zu tun.
Glaubenssätze sind nicht widerlegbar, sie kommen bestenfalls außer Mode, werden dann durch andere Überzeugungen ersetzt. Sie sind auch nie wahr, sondern richtig, was nicht dasselbe ist; denn Wahrheit ist immer wissenschaftlich verfasst, also Station einer Entwicklung. In ihr liegt das Versprechen, dass das noch nicht alles gewesen ist und überboten werden kann.
Wir können uns entscheiden – zwischen Glauben, der mehr Sicherheit gibt, und Wissen, das etwas riskiert, dafür einen Gewinn verspricht, aber nicht garantiert.
Die Fundamentalskepsis präsentiert sich zwar als wissenschaftlich, basiert aber letztlich auf Glauben. Das zeigt sich daran, dass in ihrem Weltbild Zweifel nicht zugelassen sind. Ihre Vertreter befinden sich stets schon am Ziel – unabhängig davon, welche Fakten noch auftauchen könnten. Gleichzeitig geben sie sich wissenschaftlich, indem sie die jederzeit akzeptable und notwendige Gegenmeinung im empirischen Diskurs privilegieren.
Wahrheit hingegen hat per definitionem eine statistische Grundlage, wogegen Glaube einen absoluten Charakter hat. Ihre Voraussagen gelten als mehr oder weniger wahr, je nachdem, wie oft sie sich bestätigen. So gibt es beispielsweise Autofahrer, die wegen eines angelegten Sicherheitsgurts gestorben sind. Doch ihr Prozentsatz widerlegt nicht die lebensrettende Wirkung des Gurtes in den meisten Fällen.
Wer einer Glaubenshaltung anhängt, hat Schwierigkeiten, mit statistischen Wahrheiten umzugehen. Deshalb sollte sich jemand, der an etwas glaubt, nie auf die Wissenschaft berufen, da diese auf Wahrscheinlichkeiten und Falsifizierbarkeit basiert. Dies ist der zentrale Einwand, den ich gegenüber Schattentheorien habe – obwohl sie mir sonst oft stimmig erscheinen.