Klimawandel hat es immer gegeben. Vor 8.000 Jahren war die Sahara ein riesiges Grasland, mit Bäumen übersät und bewässert vom jährlichen Monsun und bewohnt von Löwen, Gazellen und Giraffen. Diese Art von Veränderung ist normal. Stabile Klimazonen gibt es nicht.
Einige Veränderungen gehen langsam vor sich, andere schnell. Gegen Ende der Klimaperiode der jüngeren Tundrazeit um 9600 v. Chr. schossen die Temperaturen in weniger als 10 Jahren plötzlich in die Höhe. Paläoklimatologen versuchen immer noch herauszufinden, was genau den spektakulären Temperaturanstieg verursacht hatte. Es gibt mehrere plausible Theorien, aber noch ist niemand sicher, welche davon richtig ist. Die grüne Sahara, die auf die Eiszeit folgte, begann und endete fast ebenso plötzlich – neueren Forschungen zufolge verwandelte sie sich in weniger als einem Jahrhundert von Wüste in Grasland, nachdem sich verschiebende Klimagürtel ihr den Monsun brachten, und wurde sechs Jahrtausende später heimgesucht von einer Reihe katastrophaler Dürren, die im Laufe weniger Jahrhunderte den jetzigen Zustand zur Folge hatten.
Solche Klimaveränderungen sind nichts Ungewöhnliches. Dasselbe gilt für Treibhausgase wie Kohlendioxid und Methan, die plötzliche Temperaturerhöhungen verursachen. Eine der Theorien über die Hitzeexplosion am Ende der jüngeren Tundrazeit geht aus von der plötzlichen Freisetzung eingeschlossener Methanvorräte aus Unterwassersedimenten. Andere Theorien unterstellen die Zunahme von Kohlendioxid durch Vulkanausbrüche als Auslöser des Toarc-Treibhausereignisses in der Jurazeit oder des Massenaussterbens in der Kreidezeit. Damals brach die Lava aus kilometerlangen Erdschluchten und überdeckte Gebiete von der Größe heutiger europäischer Staaten. Die Himmel waren schwarz, und die Asche wurde bis in den Weltraum geschleudert. Die Erde könnte so etwas jederzeit wiederholen, wenn sie wollte. Die damaligen Temperaturanstiege übertrafen alles, was heutige Treibhausgase je zustandebringen könnten.
Das Klima der Erde ist empfindlich ausgewogen und kann plötzlich in die eine oder andere Richtung umschlagen, verursacht durch verhältnismäßig geringe Veränderungen in der Zusammensetzung der Luft. Die Folgen, so traumatisch sie auch sein mögen, bedeuten nicht das Ende des Lebens oder Menschenseins auf diesem Planeten. Als die jüngere Tundrazeit endete, gab es bereits Menschen. Fast in jedem Mythos kommt die Erzählung von der großen Flut vor – eine Folge der abschmelzenden Gletscher und des Steigens des Meeresspiegels nach dem Temperaturanstieg zum Ende der Tundrazeit. Menschen müssen das überlebt haben, um die Geschichte erzählen zu können.
Der Klimawandel verheißt eine von der Gegenwart verschiedene Zukunft, nicht aber das Ende der Menschheit.
Diese Zukunft lässt sich inzwischen nicht mehr abwenden. Zum einen ist die Menge an Kohlendioxid und anderen Treibhausgasen, die bereits in die Atmosphäre gelangt ist, mehr als genug, um das Klima des Planeten zu destabilisieren und uns in drastische Veränderungen zu stürzen. Zum anderen ist es nicht so, dass die Menschen, die darauf bestehen, dass wir aufhören müssen, CO₂ auszustoßen, weil wir sonst alle sterben werden, die geringste Bereitschaft gezeigt hätten, selbst damit aufzuhören, CO₂ auszustoßen. Etwa kommen die reichsten Leute aus den entlegensten Winkeln der Welt einmal jährliche nach Davos, um ernst gemeinte Erklärungen darüber abzugeben, wie wichtig es ist, unseren CO₂-Ausstoß zu reduzieren. Wenn sie wirklich glaubten, dass das Überleben der Menschheit von der Reduzierung ihres CO₂-Ausstoßes abhinge, würden sie dann in Privatjets anreisen? Wohl kaum.
Aber nicht nur die Elite und ihre Konzerne sättigen die Atmosphäre mit CO₂, sondern auch alle, die deren Erzeugnisse konsumieren und nicht daran denken, weniger Produkte kaufen, somit weniger Energie zu verbrauchen. Der kohlenstoffintensive Lebensstil wird an keiner Stelle aufgegeben. Deswegen schreitet der Klimawandel ungebremst fort.
Es ist also wichtig, einen klaren Blick auf das zu werfen, was uns bevorsteht. Die Befunde aus früheren Perioden des schnellen Klimawandels sind hier äußerst informativ, da sie uns eine gute Vorstellung davon geben, wie eine Periode plötzlicher Erwärmung aussieht. Aktuelle Trends bewegen sich bereits in Richtungen, die durch die nacheiszeitlichen Warmzeiten vorgezeichnet sind.
Durch die allgemeine Aufheizung der Atmosphäre wird vor allem mehr Wärme vom Äquator zu den Polen gepumpt. Was bedeutet, dass sich die Tropen leicht und die Pole dramatisch erwärmen werden. So war es bisher immer gewesen und dürfte sich aus diesmal wiederholen.
Im Moment verschieben sich bereits die Regen- und Temperaturgürtel, was z. B. bestimmte Gebiete zusehends austrocknen lässt. Russland dagegen erwartet in diesem Jahr eine Rekordernte für seinen Weizen, weil sich das Klima in Sibirien verbessert. Auch die Regenfälle in der Wildnisregion Australiens haben zugenommen (weswegen der letzte Mad Max-Film dort nicht mehr gedreht werden konnte; die Landschaft war bereits zu grün geworden). Sobald der Monsun zurück nach Nordafrika kehrt, werden im Sudan und Tschad nach 5.000 Jahren wieder Gräser spießen.
Die Verlagerung des Regen- und Temperaturgürtels verursacht also sowohl Vor- wie auch Nachteile. Nicht so das Schmelzen der Gletscher und Ansteigen des Meeresspiegels, das nur Nachteile für die Menschheit bringt. Ein langsamer Vorgang, der von plötzlichen Katastrophen unterbrochen wird. Am wichtigsten sind hier Grönland und die Antarktis. Das Abschmelzen der grönländischen Eiskappe lässt den Meeresspiegel um 15 Meter ansteigen, die Antarktis nochmal um 70 Meter. Es ist nicht zu erkennen, was diesen Schmelzvorgang aufhalten sollte. Wodurch das Schicksal der meisten Metropolen dieser Welt besiegelt und Düsseldorf zu einer Küstenstadt werden dürfte.
Das wird nicht über Nacht passieren. Der Anstieg des Meeresspiegels infolge abschmelzenden Polareises beträgt höchstens 30, in der Regel 2 bis 5 Zentimeter pro Jahr. Zwei Ereignisse könnten das manchmal beschleunigen: der plötzliche Abfluss von riesigen Schmelzwasser-Seen, die sich unter den Gletschern gebildet haben, sowie Erdrutsche des Meeresbodens, die Tsunamis zur Folge haben. Ein solcher Tsunami trennte z. B. vor 8.000 Jahren Großbritannien von Europa. Auf dem Grund der Nordsee sind bis heute Spuren von Menschen zu entdecken, die dort einmal gelebt hatten.
Große Erdbebenwogen gefährden vor allem die Niederungen Westeuropas, südlicher Teile von Afrika, Südamerika oder Australien. Außerhalb dieser Gebiete ist die Gefahr weniger groß. Auch wer nicht in Gegenden wohnt, welche infolge des sich verschiebenden Regen- und Temperaturgürtels austrocknen werden, wird von dem Klimawandel nur mittelbar betroffen sein. Allein seine Lebenshaltungskosten werden sich erhöhen.
Wenn in Grönland und der Antarktis ein ernsthaftes Schmelzen der Gletscher einsetzt und der Meeresspiegel seinen langsamen und unaufhaltsamen Anstieg beginnt, betrifft das Tausende von Küstenstädten auf der ganzen Welt mit einer Infrastruktur im Wert von Milliarden und Häfen, von denen der Warenfluss der ganzen Welt abhängt. Das alles lässt sich nicht mal eben in höhere Gegenden verlagern. Selbst wenn man die Hafenanlagen verlegte und die Schiffe sie dann noch erreichen könnten, müsste man alles in ein oder zwei Jahrzehnten erneut verlegen. Was bald nicht mehr zu finanzieren wäre.
All die verlassenen Gebäude, in deren Kellern Salzwasser schwappt und Salzrost am Baustahl nagt, müssen ebenfalls ersetzt werden. Das kostet mehr Geld, mehr Ressourcen und mehr Energie. Infrastruktur geht einerseits verloren und wird neu benötigt in Gebieten, in denen es seit Jahrtausenden wieder regnet. Verbleibende Landwirtschaftsflächen müssen umgerüstet werden auf Pflanzen, die mit den neuen Verhältnissen zurechtkommen, für Vegetationsperioden, von denen noch nicht ersichtlich ist, wie lange sie dauern werden (wie viel Regen jährlich zu erwarten ist).
Solche Belastungen werden die Volkswirtschaften und den Lebensstandard in den meisten Teilen der sich erwärmenden Welt nach unten ziehen. Hungersnöten unterschiedlicher Schwere dürften in zufälligen Abständen eintreten. Die Bevölkerungsschrumpfung ist unabdingbar. Angesichts der aktuellen demografischen Trends werden wir innerhalb eines Jahrzehnts den Höhepunkt der Weltbevölkerung erleben, oder wir erleben ihn bereits im Moment. Fügen wir den Auswirkungen von Hungersnöten, wirtschaftlichen Depressionen (die historisch gesehen die Geburtenraten nach unten treiben) die Wahrscheinlichkeit von Kriegen um Ressourcen, Ackerland und Lebensmittelvorräte hinzu, haben wir wahrscheinlich ein ungefähres Bild der Welt während der nächsten 500 Jahre vor uns.
Kann man sich heute schon auf so etwas vorbereiten? Wer in einer Region lebt, die unter Wüstenbildung zu leiden beginnt, hat nichts mehr zu erwarten und macht sich daher vielleicht schon jetzt auf den Weg, bevor die Massenmigration beginnt. Wer sich sicher ist, dass der Ort, an dem er wohnt, zu einer der Oasenstädte in der neuen Wüste werden wird, kann sich darauf vorbereiten, mit viel Aufruhr und Verwerfungen fertig werden zu müssen, schnallt sich daher besser an und lernt so viel wie möglich zum Überleben unter sehr trockenen Bedingungen. Wer woanders wohnt, macht sich für seine Gegend auf ein Klima gefasst, wie es im Moment noch in Landstrichen herrscht, die 100-200 Kilometer näher am Äquator liegen. Er mag herausfinden, was in diesem Klima gut wächst und, wenn er einen Garten hat, mehr davon anbauen.
Wer in Küstennähe wohnt, könnte daran denken, in eine Gegend umzuziehen, die höher – bis zu 100 Meter – über dem Meer liegt.
Wann geht’s los? Nicht gleich, auch nicht von heute auf morgen. Aber in 10 Jahren dürften die ersten Auswirkungen sich bemerkbar machen.