Pontius Pilatus

Angetan mit einem blutrot gefütterten weißen Umhang, mit schlurfendem Kavalleristengang erschien eines frühen Morgens, am Vierzehnten des Frühlingsmonats Nissan, im überdachten Säulengang zwischen den beiden Flügeln des Palastes Herodes’ des Großen der Prokurator von Judäa, Pontius Pilatus.

Nichts auf der Welt verabscheute der Prokurator so sehr wie den Geruch von Rosenöl, und jetzt stand ein schlechter Tag zu erwarten, denn dieser Geruch verfolgte ihn schon seit Tagesanbruch. Es dünkte den Prokurator, daß die Palmen und Zypressen im Garten den Rosengeruch ausströmten und daß auch dem Schweiß- und Ledermief seiner Eskorte dieses verfluchte Aroma beigemengt war. Von den Seitengebäuden hinter dem Palast, wo die mit dem Prokurator nach Jerschalaim gekommene erste Kohorte der zwölften Blitzlegion einquartiert war, zog leichter Rauch über die obere Gartenterrasse in den Säulengang, und in dem etwas bitteren Rauch, der bezeugte, daß die Köche der Zenturien schon das Mittagsmahl bereiteten, war auch etwas von dem fettigen Rosenduft.

O ihr Götter, wofür straft ihr mich? Ja, kein Zweifel, das ist sie wieder, die unbesiegliche furchtbare Krankheit, die Hemikranie, bei der nur eine Hälfte des Kopfes schmerzt … Es gibt kein Mittel gegen sie, keine Rettung vor ihr … Ich werde versuchen, den Kopf stillzuhalten …

Auf dem Mosaikpflaster beim Springbrunnen stand schon ein Sessel für ihn bereit. Ohne jemanden anzusehen, ließ sich der Prokurator darauf nieder und streckte die Hand zur Seite.

Ehrerbietig legte ihm der Sekretär ein Stück Pergament in die Hand. Der Prokurator überflog es flüchtig, wobei er eine schmerzliche Grimasse nicht unterdrücken konnte, dann reichte er es dem Sekretär zurück und sagte mühsam:

»Der Untersuchungsgefangene aus Galiläa? Habt ihr die Akte an den Tetrarchen geschickt?«

Bulgakov MEISTER UND MARGARITA