Die unberechtigte Angst vor dem Polizeistaat

https://www.focus.de/politik/deutschland/die-focus-kolumne-von-jan-fleischhauer-ewiger-lockdown-die-zunehmende-selbstradikalisierung-der-angela-merkel_id_12875377.html

Fleischauer analysiert die Lage ziemlich treffend: wir bräuchten einen Polizeistaat, um die Verbreitung des Virus zu stoppen. Man könnte auch sagen, wir müssten den Notstand, das Kriegsrecht ausrufen. Wäre mach- und auch durchsetzbar.

Es hängt davon ab, wie ernst man die Gefahr nimmt, die Sars-Cov-2 bedeutet. Zersetzt der Virus, wenn er sich ausbreiten darf, durch seine Spätschäden die Volksgesundheit, oder handelt es sich um eine bald wieder verklingende Grippe?

Meiner Meinung nach hielte der volksgesundheitliche Schaden durch Sars-Cov-2 sich in Grenzen. Wenn’s auch für die betroffenen Gruppen hart wirkt, der Virus ist kein Killer-Ereignis. Aber ihm könnten|werden andere folgen – irgendwann -, die es dann sind. Wir hätten jetzt die Gelegenheit einzuüben, wie man sich in solchen Fällen verhält. Wenn man Leben retten möchte.

Das geht nur vermittels eines – vorübergehenden – Polizeistaates. Diesen sieht unsere Verfassung im übrigen auch vor.

Dass der Staat allgemeine Macht über den einzelnen ausübt von der Wiege bis ans Grab, ist nichts Ungewöhnliches oder Unmenschliches. Faktisch entsteht unser Bewusstsein sowie die Sprache, in der es sich ausdrückt, nicht spontan, sondern vermittels der Umgebung, in der wir heranwachsen und auf deren Regeln wir abgerichtet werden. Wir verdanken, was wir sind, allgemein dem Nachmachen.

Der menschliche Charakter ist somit eine Sammlung von Gewohnheiten, welche der Gesellschaft entsprechen, in der er sich bewegt. Es wird ihm daher nicht nur Gewalt angetan, wenn deren Regeln sich auswirken, sondern recht eigentlich erst Inhalt verliehen und damit ein Gegenstand für die Ausübung seiner Freiheit.

Insofern ist jeder Staat ein Polizeistaat, ob die Ordnungskräfte nun Knüppel tragen oder – sanfter – Gesinnungsmittel (Schule – Kultur – Propaganda . . .) anwenden.

Die entscheidende Frage wäre für mich nicht, wie sehr die Gewohnheiten im Krisenfall verändern werden müssten, sondern wie gefährlich der “Feind” ist, der ihren Nährboden angreift.  Hier besteht, denke ich im Hinblick auf Sars-Cov-2, noch nicht das Gefühl echter Bedrohung. Man ist daher von Herzen auch nicht bereit, der Bekämpfung die Opfer zu bringen, die sie verlangen würde, um erfolgreich zu sein.