RAMAYANA

„Affe, in einem Augenblick wie diesem – warum bist noch unzufrieden?“

Hanuman antwortete: „Herr, das Armband, obwohl es teuer aussah, war doch in Wirklichkeit wertlos, denn nirgends trug es deinen Namen. Was bedeutet mir etwas Kahles?“

Vibhishana rümpfte die Nase: „Dann verstehe ich nicht, welchen Wert dein Leben für dich hat. Warum zerstörst du nicht auch deinen Körper?“

Da riss Hanuman mit scharfen Fingernägeln seine Brust auf und zog das Fleisch zurück – und siehe, es stand wieder und wieder geschrieben auf jedem seiner Rippenknochen in kleinen Buchstaben Rama, Rama, Rama, Rama, Rama…

Rama legte das Gras nieder, welches er hielt, und mit seinen zwei Händen drückte er Hanumans klaffendes Fleisch zusammen, und die Wunde über seinem schlagenden Herz schloss sich, ohne eine Narbe zu hinterlassen. Rama zog seinen breiten glänzenden Goldring vom Finger, auf dem Rama stand, den Ring, den Hanuman Sita überbracht hatte. Er tat ihn in Hanumans nasse, blutbefleckte Pfote und schloss behutsam die Finger des Affen darüber.

Wer ist dieser Affe Hanuman? Ram hat ihn in die Welt gelassen. Er kennt Rama, und Rama kennt ihn. Hanuman kommt überall herein und heraus, er kann nicht aufgehalten werden wie der freie Wind im Flug. Hanuman erkennt einen Tyrannen – er schaut auf Taten, nicht auf Worte – und zieht ihn am Bart. Verkleidungen und Gerede können ein wildes Tier nicht täuschen. Dieser Affe zerbricht die Hände und Masken böser Könige. Hanuman nimmt deine traurige Melodie und benützt sie, um daraus eine frohen Tanz zu machen.

Rama ging weiter zum großen Fluss der Zeit. Und wer immer ihn vorbeikommen sah, folgte ihm. Viele Steine weinten, dass sie zurückbleiben mussten. Die großen Bäume wiegten und bogen sich ihm ächzend hinterher.

Kleine Tiere, die man in den Städten nie gesehen hatte, gingen mit Rama. Alles, was Atem hatte, folgt ihm nach. Am Fluss stand Guha, der Jägerkönig, und Sumantra, der alte Wagenlenker, strahlend vor Freude. Sumantra hatte die vier königlichen roten Pferde freigelassen, aber sie waren ihm gefolgt und standen nun bei ihm.

Wilde Jäger in Fellen und Federn knieten barfuß und warteten, gestützt auf ihre langen Bambusspeere, die in den Himmel ragten. Den Rand entlang des Flusses berührten sich Tiere und Menschen und langten nacheinander, eine grüne Hand und eine rote, eine Bärenpfote, ein Hirschhuf, kleine Vogelschwingen, schwarze Haut und goldene und braune, alle innig zueinander an dem Wasser, das wie die Zeit dahinfloss.

„Trau den Wahrhaftigen!“ Der König sprang und ging als erster in das Wasser. Er durchquerte es zum anderen Ufer, alle Vergangenheit und alle Zukunft damit einholend. Die vier roten Pferde sprangen hinterher. Wilde Vögel flogen aus ihren Bäumen und tauchten tief durch den Fluss. Männer und Tiere und Frauen folgten, das scheue Waldreh warf sich vom Ufer und schoss in weiten Kurven unter dem seewärts strömenden Wasser.

Chittraratha, der König der Musikanten, stand beim offenen Himmelstor und sang die alten wahren Lieder. Er blickte in den Himmel hinüber. Es war der Abend eines Tags im Himmel. Die Luft war samtig dunkel und die Frühlingssterne wiegten sich in ihrem Netz aus Wind. Glänzende Seelen kamen den fernen Himmelsweg hinauf, und Schwärme himmlischer Singvögel strichen heraus, wimmelten durch den Ozean des Raumes. Und die unschuldigen Himmelsrehe sprangen glitzernd wie Götter.

Da war Narayana zurück im Himmel mit Laksmi, seiner Gemahlin. Seine dunklen Hände nahmen die Muschel wieder auf, den Lotus, den Diskus und die Keule.

Wer Rama auch nur kurz erblickt, gewinnt den Himmel. Er ist Narayana, eins mit der Seele aller Wesen. Er ist das Meer und die Wälder und die Luft. Er ist feiner als ein Atom. Er erscheint überall ohne Anfang oder Ende.

Morgen wird nicht immer sein wie heute. Jetzt, wo noch Zeit ist, nimm dies Ramayana zu Herzen, bevor die große Welt für dich ein Ende hat. Tu deine Pflicht. Sag‘ „Rama“, so du kannst. Und mach dein Herz zur heil‘gen Liebesstätte. „Rama, Rama, Rama…“