Die linke Gesinnung besteht im Aufzeigen und Einbeziehen von Schönheitsfehlern, welche die Rechte überschminken oder wegbrennen möchte.
Die ultrarechte Fantasie stellt sich dazu eine Radikaloperation vor durch Namhaftmachung und Ausstoßung von Verantwortlichen – die bürgerliche begnügt sich mit Lenkung von in die Quere Kommendem durch entsprechende Gesetzgebung. Die Radikalen erleben, was nicht zusammengeht, unversöhnlicher: als Angehörige einer anderen Rasse oder Minderheit, der vernichtet werden muss. Die radikale Rechte sehnt sich nach einer sagenhaften Zeit vor dem Auftreten des Widerspruchs, an welche sie zutiefst glaubt, weil sie das Unvereinbare als Gegensatz und nicht Kern der Sache auffasst.
Linke, befreiende Politik fasst Ungereimtheit nicht als Renitenz auf. Für sie gibt es keinen Feind, dessen Auslöschung den Widerspruch beseitigen würde, weil dieser als maßgeblich erlebt wird für den einzelnen wie für die Gesellschaft. Der Witz des linken Vormarsches besteht darin, Widerspruch zu genießen, indem darauf bestanden wird, dass ein Gemeinwesen sich nicht verwirklicht in seinen Siegen, sondern wo es mit sich in Streit liegt. Wer den Frieden stört, tut es im Namen der Allgemeinheit. Deren Plan jagt ihn nicht fort und ist auch nicht geeicht auf einen Zukunftstraum, in welchem fremde Eigenart sich auflöst in einer allgemeinen Zugehörigkeit. Vielmehr wird Wert gelegt auf die Nichtableitbarkeit des Widerspiels.
Linke Politik bezieht ein, was ausgeschlossen ist, und willigt in die notwendige Bauchlandung im Umgang mit dem Widerspruch, wird nicht geblendet von der Möglichkeit, ihn einmal zu überwinden.
Wenn die Linke den Widerspruch vernachlässigt, wendet sich ihm die Rechte zu mit dem Ziel, ihn aufzulösen: durch Namhaftmachung auszuschaltender Feinde. Die echte Linke dagegen weiß von keinen Feinden, derer sie sich entledigen könnte. Ihr Feind besteht bestenfalls im mangelnden Verständnis der grundlegenden Rolle des Widerspruchs.