Es ist übrigens nicht schwer, zu sehen, daß unsre Zeit eine Zeit der Geburt und des Übergangs zu einer neuen Periode ist. Der Geist hat mit der bisherigen Welt seines Daseins und Vorstellens gebrochen und steht im Begriffe, es in die Vergangenheit hinab zu versenken, und in der Arbeit seiner Umgestaltung. Zwar ist er nie in Ruhe, sondern in immer fortschreitender Bewegung begriffen. Aber wie beim Kinde nach langer stiller Ernährung der erste Atemzug jene Allmählichkeit des nur vermehrenden Fortgangs abbricht – ein qualitativer Sprung – und itzt das Kind geboren ist, so reift der sich bildende Geist langsam und stille der neuen Gestalt entgegen, löst ein Teilchen des Baues seiner vorgehenden Welt nach dem andern auf, ihr Wanken wird nur durch einzelne Symptome angedeutet; der Leichtsinn wie die Langeweile, die im Bestehenden einreißen, die unbestimmte Ahnung eines Unbekannten sind Vorboten, daß etwas anderes im Anzuge ist. Dies allmähliche Zerbröckeln, das die Physiognomie des Ganzen nicht veränderte, wird durch den Aufgang unterbrochen, der, ein Blitz, in einem Male das Gebilde der neuen Welt hinstellt. PHÄNOMENOLOGIE DES GEISTES
Der Weltgeist steht nie still, lese ich darin, sondern ist immer in schöpferischer Bewegung. Diese vollzieht sich aber nicht gleichmäßig, sondern ruckweise und daher unfassbar noch im Begreifen, wie wir es wahrscheinlich im Moment gerade erleben. Die Veränderung ist keine Frucht fortgesetzter Allmählickeit, sondern des Abbrechnens derselben. Das notwendig Irrationale und Untergründige geschichtlichen Werdens zeigt sich demzufolge in Symptomen, die das Wanken der Welt andeuten.
Die Welt wird mit anderen Worten nicht untergehen, sondern begibt sich auf ein anderes Niveau, auch wenn wir im Moment Existierenden das nicht überleben könnten.