Ludwig Wittgenstein ist der bedeutendste Philosoph der Neuzeit. Ihm ist an der Überwindung der auf Plato und Aristoteles zurückgehenden und die Weltweisheit der letzten 2.000 Jahre prägenden Vorstellung gelegen, dass wir als Menschen einer Außenwelt gegenüberstehen, welcher wir uns durch „Werkzeuge“ des Denkens bemächtigen.
Eine die Welt und ihre Verhältnisse handhabende Philosophie, die berechnet und begründet, ersetzt Wittgenstein durch die Besinnung auf Bedeutung. Denn Wissen kann bei näherer Betrachtung nicht den Urgrund bilden für menschliches Streben und Innesein. Wittgenstein weist auf, wie das Denken nicht etwa vermittelt zwischen Menschen und dem, was sie umgibt, sondern vielmehr einem Sein oder Feld entspringt, in dem Subjekt und Objekt beheimatet sind und in einem innigen Verhältnis zueinander stehen – nicht wie eine Karte zu ihrem Gebiet oder ein Bild zu dem, was es wiedergibt, sondern wie ein Hammer zum Nagel oder ein Kunstwerk zu seinem Betrachter.
Menschen können die Welt zwar reflektieren, bewältigen, doch „inbegriffen“ oder in ihr zu Hause sind sie nicht durch Vorsicht oder die Bilder, welche sie sich von ihr machen. Das gegenständliche Denken untermauert – nichts. Seine Ideengebäude kommen ständig in Not und außer Mode. Dass sie an sich bedeutungsleer sind, wird nur nicht genügend nachvollzogen, solange anstelle von ohnmächtig gewordenen Formeln noch deren Abwesenheit – als „Nihilismus“ – regiert.
Wittgenstein liegt daran, diese Abwesenheit verschwinden zu lassen, weil in ihr der Irrtum weiterlebt, die Welt müsse alles in allem vorstellbar sein. Nihilismus wird witzlos, sobald sich zeigt, dass er durch die Abwesenheit von Falschgeld charakterisiert wird. Wittgenstein lenkt unsere Aufmerksamkeit stattdessen auf den Umlauf der wahren Währung dank jener uns alles reichenden „Lichtung“, die Rede und Welt einbindet und von ihm ausgemacht wird in den Regelmäßigkeiten und Possen des gewöhnlichen Lebens.